Untersuchung zur Schmetterlings- und Heuschreckenfauna

Stellvertretend für die zahllosen Kleintiere der Bergwiesen wuden 2011 ausgewählte Falterarten (Tagfalter und Widderchen) untersucht. Die Vorkommen gefährdeter und für die Bergwiesen-Lebensräume besonders typischen Arten werden bei den Entwicklungs- und Pflegemaßnahmen berücksichtigt.

Die Freilanduntersuchungen durch den Diplombiologen Armin Six ergaben wichtige neue Kenntnisse etwa zur bislang nur wenig bekannten Verbreitung des Lila-Gold-Feuerfalters und des Großen Perlmutterfalters im Projektgebiet.

Als stark gefährdeten Vertreter der Heuschrecken untersuchte Armin Six auch Vorkommen des Warzenbeißers (Decticus verrucivorus). Die kräftig gebaute Laubheuschrecke hat in Nordrheinwestfalen nur noch wenige Vorkommen. Darunter sind die im Projektgebiet vermutlich die größten und für ihren Arterhalt wichtigsten im Bundesland. Der Warzenbeißer bevorzugt magere Rasen mit offenen Bodenstellen.

Dukatenfalter, oder Dukaten-Feuerfalter,  Lycaena virgaureae
Sie sind die Goldstücke der Bergwiesen. Seinem metallisch glänzenden Gold-Orange verdankt der Tagfalter seinen Namen – nach der römischen Goldmünze, der Dukate.

Der Dukatenfalter war früher auch in einigen tiefer liegenden Regionen Deutschlands weiter verbreitet – etwa in der Lüneburger Heide und im Saarland. Vermutlich bedingt durch die Klimaerwärmung schrumpfen seine Verbreitungsgebiete seit geraumer Zeit drastisch und konzentrieren sich nun auf die Hochlangen der Mittelgebirge.  Für den in Deutschland inzwischen stark gefährdeten Falter ist das Rothaargebirge mit seinen Bergwiesen eines der wichtigen Rückzugsgebiete. Die Raupen entwickeln sich am Sauerampfer. Falter fliegen etwa ab Mitte Juli bis Mitte August.

Lilagold-FeuerfalterLycaena hippothoe

Der Verwandte des Dukaten-Feuerfalters ist eine Rarität im Untersuchungsgebiet. Zusätzlich zum Goldorange weist er einen tief-lilafarbenen Schimmer auf, der je nach Blickwinkel und Lichteinfall unterschiedlich gut wahrzunehmen ist.  Ein breiter dunkler Flügelsaum auf der Oberseite und eine charakteristische Zeichnung aus weiß gerandeten dunklen Punkten auf der Flügel-Unterseite unterscheiden ihn vom derzeit noch etwas häufigeren Dukatenfalter.

Die Falter-Erfassung im LIFE-Projekt ergab zahlreiche neue Fundorte zur bislang kaum bekannten Verbreitung des Lilagold-Feuerfalters im Projektraum. Wie beim Dukatenfalter fressen die Raupen am Sauerampfer.  Die Falter fliegen - früher als die Dukatenfalter – etwa von Mitte Juni bis Mitte Juli.

 

Ampfer-Grünwidderchen, Adscita statices

Streng genommen kein Tagfalter, sondern ein Bärenspinner ist das Ampfer-Grünwidderchen, das mitunter auch als Gewöhnliches Grünwidderchen bezeichnet wird. Gewöhnlich ist die inzwischen gefährdete Art längst nicht mehr. Doch sind die Bergwiesen bei Winterberg bis heute ein wichtiges Refugium mit noch erfreulich individuenreichen Populationen.
Wie viele Falter Jahr für Jahr die Wiesen bevölkern, ist stark von der Witterung abhängig. Oft sitzen sie in größeren Gruppen auf vorzugsweise violetten Blütenköpfen von Teufelskrallen oder Wiesen-Knautien. Gerade bei etwas kühlerem Wetter sind die dann nicht sehr flugaktiven kleinen Falter leicht zu beobachten.

 

Weißbindiger Mohrenfalter, Erebia ligea
 
Auf einer LIFE-Entwicklungsfläche (Waldumwandlungsfläche) an der Oberen Orke stellte sich dieser seltene montane Augenfalter ein. Er wurde im Juli 2013 hier erstmalig festgestellt und war bisher nur aus unteren Abschnitten des Orketals und seiner Nebentälchen bekannt. (mehr dazu hier).

Aus der Fülle der Gras- und Krautarten in den Bergwiesen möchten wir hier einige ausgewählte vorstellen. Sie sind besonders charakteristische Vertreter der Grünlandtypen, die im LIFE Projekt wiederhergestellt, verbessert und geschützt werden sollen. Als „Zielarten“ sollten sie sich nach erfolgreichen Entwicklungsmaßnahmen auf den behandelten Flächen wieder eingefunden oder vermehrt haben:

 

 

Einige Zielarten der Bergwiesen (Storchschnabel-Goldhaferwiesen):

Wald-Storchschnabel, Geranium sylvaticum

Eigentlich ist der Name unzutreffend. Denn der Wald- Storchschnabel ist keine Waldpflanze. „Bergwiesen-Storchschnabel“ wäre passend, denn die Staude mit den großen lilafarbenen bis violetten Blüten ist die wohl auffälligste Charakterart der montanen Mähwiesen. Doch würde ein solcher Name wohl zu Verwechslungen führen mit der sehr ähnlichen Schwesterart, dem Wiesen-Storch-schnabel (Geranium pratense), einer in Bergwiesen nur selten auftretenden Flachland-Art.

Auf besser mit Wasser und Nährstoffen versorgten Standorten kann der Wald-Storchschnabel ganze Wiesen in ein kräftiges Violett tauchen. Die Art profitiert davon, wenn eine Wiese ein oder mehrere Jahre nicht genutzt wird. Auf älteren Brachflächen wird sie aber schließlich von konkurrenzkräftigen Gräsern und Stauden verdrängt.

Der Gattungsname Storchschnabel (auch der wissenschaftliche Geranium von griechisch géranos = Kranich) verweist auf die schnabelförmigen Früchte. Durch das plötzliche Aufplatzen des austrocknenden Schnabels werden die Samen verbreitet. Dabei lösen sich einzelne von fünf fadenförmigen Elemente von der Mittelsäule und drehen sich blitzartig nach oben ein. Aus den unten anhängenden Samentaschen werden die Samen bis zu 3 Meter weit katapultiert. Der entleerte Fruchtstand erinnert etwas an einen Kronleuchter.

 

 

Schwarze Teufelskralle, Phyteuma nigrum

Bei den Teufelskrallen bilden zahlreiche Blüten einen ährenförmigen Blütenstand, der - auffälliger als Einzelblüten – wirksam Bestäuber-Insekten anlockt.

Anders als die typischen Vertreter ihrer Familie hat dieses Glockenblumengewächs keine glockenförmigen Blüten. Die krallenartig nach oben gerichteten Blütenröhren bleiben zunächst oben geschlossen und öffnen sich von der Basis her, indem sich die fünf zusammengewachsenen Kronblätter voneinander trennen. Durch die Schlitze bekommen Insekten Zugang zu Nektar und Pollen.
Später wachsen - beginnend bei den unteren Blüten- lange Griffel aus den Blütenröhren heraus. Mit ihren zweizipfligen Narben erinnern sie an gespaltene Schlangenzungen. Insekten, die mitgebrachten Pollen daran abstreifen, bestäuben die Pflanze.

Die Schwarze Teufelskralle mit sehr dunkel lilafarbenen Blüten kommt nur auf Bergwiesen vor und ist damit eine echte Charakterart dieser Pflanzengesellschaft. Daneben findet man auf den Bergwiesen nicht selten auch die weiß blühende Schwesternart, die Ährige Teufelskralle, Phyteuma spicatum. Sie ist auch in lichten Wäldern und bis hinab ins Flachland verbreitet. Auch eine Kreuzung aus beiden Arten (die Hybride Phyteuma x adulterinum) mit graublauen bis hellblauen Blütenähren trifft man auf den Winterberger Bergwiesen an - vor allem bei der Ortschaft Lenneplätze.

 

 

Weichhaariger Pippau, Crepis mollis

Eine wichtige gefährdete Kennart der Bergwiesen im Sauerlands (nicht in der Eifel) ist der Weichhaarige Pippau. Die etwas an Löwenzahn erinnernden Blütenköpfe des gelben Korbblütlers sitzen auf etwa 30 bis 60 cm hohen, mäßig verzweigten, dünnen Stängeln. Nach der Blüte bildet die Pflanze Flugsamen mit auffallend reinweißen „Fallschirmchen“ aus.

Deutschland hat einen bedeutenden Anteil am Gesamtverbreitungsgebiet der Art und trägt deshalb eine große Verantwortung für den Erhalt der gefährdeten Art.


Goldhafer, Trisetum flavesens

Das Gras gibt der wichtigsten Pflanzengesellschaft der Bergwiesen ihren Namen. In den „Goldhaferwiesen“ ist es besonders häufig und dominiert zuweilen den Grasbestand. Es ist aber nicht auf Bergwiesen beschränkt, sondern kommt bis ins Flachland auch in anderen Wiesentypen vor, dort aber vereinzelt und nicht bestandsbildend.

Im Vergleich zum Glatthafer, einem bis 150 cm hohen „Obergras“, ist der Goldhafer mit einer Wuchshöhe von meist unter 80 cm zierlicher. Seine weichen Rispen aus sehr zahlreichen, kleinen, begrannten Ährchen verleihen den im Wind wogenden Bergwiesen oft einen  goldenen Schimmer.

Weißbindiger Mohrenfalter besiedelt LIFE-Entwicklungsfläche

Auf einer Waldumwandlungsfläche im obere Orketal bei Elkeringhausen, wo nach Abtrieb eines Fichtenbestandes nun im LIFE-Projekt eine Grünlandfläche wiederentwickelt wird, hat sich der seltene Weißbindige Mohrenfalter (Erebia ligea) eingefunden.

Dieser seltene Falter ist eine echte Bergland-Art und in NRW stark gefährdet (RL 2). Neben einer Population im Diemel- und Hoppecketal bei Marsberg-Padberg und Messinghausen ("Padberger Schweiz") sind im Umfeld des LIFE Projekts nur Vorkommen im mittleren Orketal und dessen Nebentälchen oberhalb von Medebach-Medelon sowie (seit Untersuchungen des LIFE Projekts 2015) im Neger-Talsystem (zwischen Altastenberg und Siedlinghausen) bekannt.
Bei den Grundlagen-Untersuchungen zu Projektbeginn  2011 wurde deshalb gezielt nachgeforscht, ob das lokale Verbreitungsgebiet im Orkeltal auch das LIFE-Projektgebiet an der oberen Orke bei Elkeringhausen erreicht. Es wurden damals dort aber keine Falter festgestellt.

Den Lebensraum im Orketal bilden schmale Grünland-Täler in der bewaldeten Mittelgebirgslandschaft. Sie sind geprägt von einem räumlich und zeitlich vielfachen Wechsel kühler und warmer Temperaturverhältnisse. Neben Kaltluft, die in den überwiegend stark beschatteten Talsenken von den Hochlagen des Rothaargebirges abfließt, kommt es an sonnenexponierten Talrädern von dem Waldrand zum Anstau warmer Luft. Hier sind die Falter dann im Juli vor allem an violetten Korbblültern wie Kratzdisteln und Wasserdost zu beobachten.
Für den Weißbindigen Mohrenfalter wie auch für Kaisermantel, Großem Perlmutterfalter und andere sind die Grünlandtäler im Sauerland wichtige Offenland-Verbundsyteme. 
Über Jahrhunderte waren die Bachauen ein reich verzwiegtes Adernetz aus offenem Grünland. Mit der Aufforstung vieler Talräume mit Fichten (im Wesentlichen seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts) wurde die Durchgängigkeit der Talräume vielerorts gestört. Falter, die auf den Individuenaustausch zwischen ihren Teilpopulationen angewiesen sind, verschwanden in vielen Landschaftsteilen, da sie in den isolierten Grünland-Abschnitten nicht überlebensfähig sind.

Vom Ei bis zum  Falter benötigt die Art zwei Jahre Entwicklungszeit. In größerer Zahl sind Falter nur in jedem zweiten Jahr anzutreffen - im Sauerland offenbar in ungeraden Jahren.

Auf der Entwicklungsfläche bei Elkeringhausen wird durch die LIFE-Maßnahmen eine Weidefläche in der Aue des Orkebaches wiederhergestellt. Den unterschiedlichen Standortverhältnissen entsprechend werden sich nach den LIFE-Maßnahmen verschiedene Pflanzenbestände auf engem Raum entwickeln: Quellfluren, Weiderasen mit Arten der Bergwiesen bis hin zu wechselfeuchten Borstgrasrasen. Als Nektarquelle für den Mohrenfalter werden bachbegleitende Hochstaudensäume, als Raupen-Lebensräume Altgras-Säume am Hangfuß entstehen.